Fachkräftebedarf: (k)ein Thema in Großenhain?

Erstmals luden Oberbürgermeister Dr. Sven Mißbach und die Wirtschaftsförderung der Stadtverwaltung Großenhain am 10. August zu einem Unternehmensstammtisch ein. Thema des Abends war der wachsende Fachkräftebedarf, der auch Großenhainer Betriebe und Gewerke zunehmend vor immer größer werdende Herausforderungen stellt. Mehr als 30 geladene Firmen- und Behördenvertreter konnte Oberbürgermeister Dr. Sven Mißbach an diesem Abend im Stadtpark-Restaurant „Mücke“ begrüßen, darunter auch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière. Als Schirmherr organisiert er seit vielen Jahren gemeinsam mit seinem Landtagskollegen Sebastian Fischer den Großenhainer Ausbildungsmarkt, der seit zwei Jahren als Großenhainer Ausbildungstag stattfindet.

In seiner Einführung betonte OB Mißbach, dass Unternehmen frühzeitig Strategien und innovative Ideen entwickeln sollten, um junge Menschen für eine Ausbildung in der Region zu gewinnen und qualifizierte Mitarbeiter dauerhaft zu binden. Gerade in Konkurrenz zu Dresden und dem Dresdener Umland sei es wichtig, Großenhain als modernen und attraktiven Arbeitsort zu präsentieren. Er könnte sich gut vorstellen, so der Oberbürgermeister, dass der Unternehmensstammtisch zu einer festen Größe im Angebot der städtischen Wirtschaftsförderung wird. Dies schaffe einerseits eine Plattform zum Ideen- und Informationsaustausch zwischen Stadtverwaltung und Wirtschaft und fördere andererseits den Aufbau eines Netzwerkes, durch welchem man regionalen Entwicklungen gemeinsam begegnen könnte.

In ihrem Gastvortrag führte Tina Zander, Unternehmens- und Kommunikationsberaterin aus Kamenz, aus, was Arbeitnehmern heute im Berufsalltag wichtig ist. Dazu gehören weniger das Gehalt und regelmäßige Boni, sondern vielmehr Anerkennung, Wertschätzung und ein motivierendes Arbeitsklima. Führungskräfte könnten viel dazu beitragen, dass sich Arbeitnehmer und Azubis mit „ihrem Unternehmen“ identifizieren und damit die Mitarbeiterbindung wächst, so die Fachfrau.

Dass die Großenhainer Betriebe den Fachkräftebedarf bereits spüren, zeigte die rege Diskussion der Teilnehmer im Anschluss an den Vortrag. Die Entwicklungen sind schon bei den Stellenausschreibungen sichtbar. Konnte man früher aus mehr als 50 oder 60 Bewerbern die Besten auswählen, sei man heute schon froh, wenn sich überhaupt 20 Interessenten für eine Stelle finden. Die Zahl der dann tatsächlich geeigneten Bewerber geht folglich drastisch zurück. Ein weiteres Problem erkannten die Anwesenden im Image des Handwerks, das als weniger attraktiv gelte als ein Studium. Die wachsende Zahl an Gymnasiasten und damit Abiturienten nehme dem Handwerk auf Dauer gute Fachkräfte und künftige Meister. Das Lohngefüge und die starren Tarifbindungen machen den Betrieben außerdem zu schaffen. Körperlich harte Arbeit im Handwerk würde häufig weniger gut bezahlt, als ein Bürojob oder eine technische Ausbildung, weshalb junge Leute eher einen solchen Beruf ergriffen. Auch die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte sei mit vielen Hürden verbunden, so die Großenhainer Unternehmer. Dazu gehören nicht nur bürokratische Zwänge, sondern vor allem Sprachbarrieren, falsche Vorstellungen des Arbeitslebens in Deutschland und unzureichende fachliche Qualifikationen. Schon die Gewinnung ausländischer Fachkräfte sei ein enormer Kraftaufwand, den ein mittelständisches Unternehmen finanziell und personell nicht allein stemmen könne. Vor allem die Kammern und Innungen müssten hier aktiv werden.

Aber nicht nur über Probleme, sondern auch mögliche Lösungen wurde an diesem Abend gemeinsam diskutiert. Einig war man sich, dass auch Abiturienten stärker für einen Handwerksberuf interessiert werden sollten und Schüler schon frühzeitig über Praktika und Ferienarbeit in die Betriebe gezogen werden müssten. So könnte das Interesse für einen späteren Handwerksberuf steigen. Die duale Berufsausbildung mit Abitur müsste noch wirksamer in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden, so die Unternehmensvertreter. Diskutiert wurde auch, inwieweit Noten und Bewerbungsunterlagen noch genügend Aussagekraft über die Befähigung eines Bewerbers hätten oder ob zukünftig andere Auswahlkriterien und -methoden genutzt werden müssten, um geeignete Azubis und Bewerber zu finden. Es gebe genügend Menschen, deren Potentiale und Talente erst auf den zweiten oder dritten Blick zutage treten. Diesen solle und müsse man eine Chance geben.

Nach gut zweieinhalb Stunden endete der erste Unternehmensstammtisch an diesem Abend, der sicherlich im kommenden Jahr eine Fortsetzung erfahren wird. Oberbürgermeister Sven Mißbach zeigte sich danach zufrieden: „Als Stadtverwaltung können wir natürlich nicht alle Probleme lösen, aber wir hören aufmerksam zu und bieten unsere Hilfe an. Im Rahmen unserer Möglichkeiten kümmern wir uns um wichtige Standortfaktoren, so dass Arbeitnehmer gern in Großenhain wohnen und arbeiten. Dazu gehören sanierte Kindereinrichtungen, Schulen, attraktive Wohnstandorte mit Breitbandanschluss und vielfältige Freizeit- und Kulturangebote.“

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